Marionette

Lesebuch des Lebens

Ein zwölf Meter hohes Salzwasser-Aquarium. Eine Badewanne in Form eines Stilettos. Und der Regierungspalast in Taschkent mit 40.000 Quadratmetern Interieur als Repräsentationsfläche.

Peter Ippolito ist spezialisiert auf exzentrische Aufträge. „Es geht immer darum, alle vorgefertigten Bilder zu vergessen, sonst baut man ja etwas, was der Kunde bereits kennt“, sagt der Architekt. Das Büro Ippolito Fleitz mit einem Team von 75 Mitarbeitern hat Niederlassungen in Stuttgart, Berlin und Shanghai. Wenn der Chef ’mal zu Hause ist, wohnt er in einem Tortenstück. Der Grundriss des Gründerzeit-Eckhauses in Stuttgart hatte es ihm und seinem Mann sofort angetan: „Unser erster Gedanke war: Das wollen wir haben!“ Der zweite Gedanke nach der Besichtigung: ganz schön groß! Auf 290 Quadratmetern, verteilt über neun Zimmer und zwei Etagen, lässt das Paar nun Kunstsinn mit Stilgefühl tanzen. Der Altbau steht unter Denkmalschutz, Peter Ippolito ließ nur eine nicht historische Wand im Schlafzimmer einreißen und setzte einen markanten Bogen, um eine weitere Sichtachse zu gewinnen.

Anzahl der Bewohner2 Personen
Wohnfläche290 qm
StandortStuttgart, Deutschland
Fertigstellung2015
PlanungsbüroIppolito Fleitz Group
Zum Profil
AusführungIppolito Fleitz
FotografieZooey Braun, Eric Laignel
Man muss auch abwegige Dinge zulassen.

Peter Ippolito

Dann füllte er die Räume mit einer kosmopolitischen Bilderflut, die sich durch alle Zimmer ergießt: usbekische Ikatgewebe, indische Seidenstickereien, laotische Textilapplikationen. Das schwarze Fischgrätparkett verbindet alle Bereiche sanft miteinander. „Obwohl die Wohnung viel ausstellt, vermittelt sie große Nähe und Wärme“, sagt der Architekt. Das mag auch an den Materialien und am Lichtkonzept liegen: Weiche, sinnliche Teppiche fangen die Designklassiker und skulpturalen Kunstwerke auf und bilden ein kluges Gegengewicht, etwa zu den goldenen Jalousien und den psychedelischen Mustern im Erkerzimmer oder der wilden Dschungeltapete im Treppenzimmer. „Man muss auch abwegige Dinge zulassen“, findet Peter Ippolito, ließ die Decke im Treppenzimmer durchbrechen, um durch die Öffnung Hängelampen abzuseilen. Einige Zimmerdecken sind bemalt, so entsteht der Eindruck, sich durch ein ständiges Abenteuer für die Augen von einer Wunderkammer in die nächste zu bewegen. „Es ist immer schwierig, für sich selbst zu gestalten. Man tendiert dazu, kein Ende zu finden.“ Deshalb gleicht Peter Ippolitos Apartment auch einem sich wandelnden Organismus. Und er spiegelt jederzeit die Gemütsverfassung seiner Bewohner wider.

Impressionen